Donnerstag, September 13, 2007

Wenn ich so täglich über den Highway düse, dann habe ich auf einer Strecke etwas über eine Stunde für mich allein. Dann lausche ich dem Radio, meist klassische Musik, und hänge meinen Gedanken nach. Und oft beginne ich zu assoziieren. Die dicken Brummies, bei denen die Auspuffrohre rechts und links am Fahrerhäuschen nach oben ragen, sehen für mich aus wie dicke Käfer, mit silbernen Antennen. Eifrig wuseln sie bergauf, bergab, gen Süden. Andere, die Erd- und Schotterlaster haben etwas von einem Mistkäfer an sich. Sie sind immer schwarz, behäbig und dreckig. Natürlich sparen sie auch nicht an Dreck, mit dem sie Hinterherfahrende beschmeißen. Vergessen wir nicht die normalen LKWs mit Kastenaufsätzen. Das sind die Libellen, die größer als andere Insekten, aber nicht weniger elegant ihre Wege erledigen. Bleiben zum Schluss noch die Pick-Up Trucks, die Geländewagen und die normalen PKWs. Bei ersteren und zweiteren fallen mir Waldameisen ein und der Rest von uns – wir sind nur die kleinen Ameisen, die am ehesten zertreten werden.

Wenn ich so täglich über den Highway düse, sind 70 Meilen pro Stunde erlaubt. Das macht so ca. 120 km/h. Natürlich hält sich da keine Sau dran. Selbst wenn ich mit 75 dahinbrause und sich mein deutsches Gewissen zu Wort meldet, dann werde ich noch links und manchmal rechts und links überholt. Oft frage ich mich ob ich mir mit meiner deutschen Obrigkeitshörigkeit nicht selbst im Wege stehe. Aber ich weiß, sobald ich auf die Tube drücke, habe ich den State-Trooper mit Tatü-Tata hinter mir. Ich weiß es einfach.

Dann wieder, im Stadtgebiet Nashville(immer noch Highway), darf nur 55 gefahren werden. Teilweise muss ich da weit drüber fahren, damit mir niemand hinten drein rödelt. Und auch dann werde ich noch übelst überholt. Nach Nashville rein, kann ich mich immer schön rechts halten, das ist ok, wenn man im Beetle die lahme Ente mimt. Auf dem Rückweg – richtig – muss ich mich immer schön links halten, denn der Highway splittet sich 2 x und ich muss jeweils den linken Arms des Ypsilon entlangbrausen. Das heißt aber auch, dass sich die lahme Ente auf der linken Spur aufhält. Bin mal gespannt, wann meine Adrenalin-Vorräte aufgebraucht sind.

Meist bin ich auf dem Heimweg auf dem Highway, sehr angespannt. Trotz klassischer Musik, Nachrichten oder – seit kurzem – dem Hesse-Projekt. Es herbstelt nun langsam und nun komme ich zur Abenddämmerung in den Genuss der Landüberfahrt auf Ameisenstraßen. Dabei bin ich schon sehr konzentriert und achte nur auf den Verkehr: vormirhintermirnebenmir... Als ich heute mal wieder einen der Hügel erklommen hatte, und es auf der anderen Seite wieder herunterging, hatte ich ein wunderschönes Abendrot-Panorama vor mir. Auf der anderen Seite des Tales führte die Ameisenstraße hinauf in einen rot-weiß-grau geschichteten Himmel. Ich sah ganz klar die Beugung des Horizonts, die Kathedrale, die sich über dem Ameisenstaat spannte und für die Himmelfärbungen fiel mir nur eines ein:

Hier hat Gott sich die Kirchenfenster selbst bemalt!

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